“Female Leadership – Frauen zwischen Machtdistanz und Trumpismus“

Noch im ver­gan­ge­nen Mai berich­te­te die All­Bright­Stif­tung, dass nir­gend­wo so weni­ge Frau­en auf der Füh­rungs­ebe­ne ver­tre­ten sind wie in Deutsch­land. Laut KfW-Stu­die ist der Frau­en­an­teil an der Spit­ze von mit­tel­stän­di­schen Unter­neh­men von 2013 bis 2016 sogar um 3 % gesun­ken. Was Füh­rungs­kräf­te im All­ge­mei­nen angeht, lie­gen der tat­säch­li­che Anteil von Frau­en und ihr Anteil unter den Bewer­bun­gen um vakan­te Füh­rungs­po­si­tio­nen mit etwa 29 % bzw. 32 % immer­hin nah bei­ein­an­der (IW Per­so­nal­pa­nel, Früh­jahr 2017). „Fema­le Lea­der­ship“ – Was wiegt hier mehr: die Hür­den oder die Chan­ce, für mehr Viel­falt im Manage­ment zu sor­gen? Dr. Simo­ne Burel, Geschäfts­füh­re­rin von LUB GmbH – Lin­gu­is­ti­sche Unter­neh­mens­be­ra­tung, eröff­net im beru­fund­fa­mi­lie-Blog-Inter­view neue Sicht­wei­sen auf Fema­le Leadership.

Frau Dr. Burel, Sie beschäftigen sich intensiv mit Female Leadership. Warum – und wie definieren Sie Female Leadership?

Mit Füh­rung im All­ge­mei­nen wer­den typi­sche Eigen­schaf­ten wie Domi­nanz und Selbst­si­cher­heit asso­zi­iert, die meist Män­nern zuge­schrie­ben wer­den. Dies ist bereits als das think Mana­ger, think Male-Phä­no­men seit gut drei­ßig Jah­ren bekannt – unab­hän­gig davon, ob dies mit der Rea­li­tät über­ein­stimmt. Fema­le Lea­der­ship bedeu­tet, dass Frau­en genau­so selbst­be­wusst und selbst­ver­ständ­lich wie Män­ner ihr Poten­zi­al und ihre beruf­li­chen Erfol­ge in die Füh­rung von Unter­neh­men ein­brin­gen. Das The­ma wird im angel­säch­si­schen Raum und in ande­ren euro­päi­schen Län­dern schon sehr viel län­ger dis­ku­tiert und erreicht nun end­lich auch Deutsch­land. Mir wird die Debat­te hier jedoch viel zu zag­haft geführt. Bei­de All­Bright-Berich­te 2017 und 2018 zei­gen: Kein Groß­un­ter­neh­men in Deutsch­land erreicht einen Frau­en­an­teil von 30 % im Vor­stand. In Deutsch­land ist der Anteil der Män­ner mit den vier häu­figs­ten Vor­na­men – näm­lich Ste­fan, Mar­kus, Micha­el und Tho­mas – mit 13 % sogar noch höher als der Frau­en­an­teil im Unter­neh­men ins­ge­samt, der nur 12 % beträgt. Die Black­list von All­Bright hat zudem 118 Fir­men auf­ge­führt, die kei­ne ein­zi­ge Frau im Vor­stand haben. Das sind gut 73 % der 160 deut­schen Börsenunternehmen.

Die­ser Zustand ist inak­zep­ta­bel. Wir brau­chen drin­gend Anrei­ze, mehr Frau­en in Füh­rungs­po­si­tio­nen zu bewe­gen, was die KPMG Women’s Lea­der­ship Stu­dy unter­streicht: Lea­der­ship muss als greif­ba­rer Skill behan­delt und mög­lichst früh ins Leben von jun­gen Frau­en sozia­li­siert wer­den. Es braucht Zugang zu IT, Bil­dung und män­ner­do­mi­nier­ten Beru­fen und eine Kom­bi­na­ti­on von „soft rewards“ (z.B. per­sön­li­ches Feed­back) und „hard rewards“ (z.B. Beför­de­run­gen). Als Unter­neh­me­rin in einer Bran­che, die beson­ders stark von Män­nern domi­niert ist, sehe ich es als mei­ne Auf­ga­be, gezielt für den Bereich Fema­le Lea­der­ship zu sen­si­bi­li­sie­ren und nicht nur bei mei­nen Kun­din­nen und Kun­den das The­ma Gen­der vor­an­zu­trei­ben, son­dern mich auch ehren­amt­lich in Gre­mi­en für mehr Frau­en in den Auf­sichts­rä­ten ein­zu­set­zen oder als weib­li­che Men­to­rin zu agieren.

Neben dem Gerech­tig­keits­ar­gu­ment hat dies auch volks­wirt­schaft­li­che Vor­tei­le: Akti­en­kur­se von Fir­men in Rela­ti­on zum Frau­en­an­teil im Vor­stand sind stei­gend und die weib­lich geführ­ten Unter­neh­men wirt­schaf­ten nach­hal­ti­ger. Betei­li­gung von Frau­en und diver­se Teams ver­schie­ben Macht­ver­hält­nis­se und för­dern dadurch die Produktivität.

Woran liegt es Ihrer Beobachtung nach, dass Frauen auf den oberen Etagen nicht stark vertreten sind? Hat das ggf. immer noch etwas mit der Entscheidung zwischen „Beruf oder Familie/ Privatleben“ zu tun?

Die­se Unter­schei­dung ist eine künst­lich getrof­fe­ne, binä­re Ver­zer­rung unse­res Lebens, die heu­te nicht mehr zutrifft. Das Pri­va­te hat Aus­wir­kun­gen auf das Beruf­li­che und umge­kehrt. Fakt ist: Frau­en sind in Füh­rungs­po­si­tio­nen unter­re­prä­sen­tiert, in man­chen männ­lich domi­nier­ten Bran­chen wie der Bau­bran­che oder der Finanz­welt ganz beson­ders. Obwohl DAX-notier­te Unter­neh­men seit 2015 gesetz­lich dazu ver­pflich­tet sind, Ziel­grö­ßen zur Stei­ge­rung des Frau­en­an­teils fest­zu­le­gen, geben vie­le Unter­neh­men wei­ter­hin die Ziel­grö­ße Null an, also null Frau­en im Vor­stand. Die­ser Zustand ist aller­dings weder auf eine man­geln­de Aus­bil­dung noch auf feh­len­de Qua­li­fi­ka­tio­nen der Frau­en zurück­zu­füh­ren – die inter­na­tio­nal gese­hen sogar bes­ser in ihrer Aus­bil­dung abschnei­den – son­dern auf eine sys­te­ma­ti­sche Unter­schät­zung bzw. Fehl­ein­schät­zung weib­li­cher Füh­rungs­qua­li­tä­ten: aus struk­tu­rel­ler Sicht, aber auch aus indi­vi­du­el­ler Sicht. Sprich: Frau­en wer­den vom Sys­tem aus­ge­schlos­sen, unter­schät­zen ihre Füh­rungs­qua­li­tä­ten jedoch auch selbst. Dies ist ein rezi­pro­ker Pro­zess, bei dem sich bei­de Sei­ten gegen­sei­tig beeinflussen.

Sym­pto­ma­tisch zeigt sich dies dar­in, dass Frau­en weni­ger Gehalt ver­lan­gen, defen­si­ver ver­han­deln, weni­ger nach Auf­stiegs­chan­cen fra­gen, weni­ger in Prä­sen­ta­tio­nen oder Mee­tings das Wort ergrei­fen, auch weni­ger Sprech­zeit ins­ge­samt haben oder sich unter­bre­chen las­sen. Das sehen wir nicht nur in Stu­di­en, son­dern auch in der Bera­tung. Schaut man ins Pri­va­te, zeigt sich auch hier, dass weib­li­che Füh­rungs­kräf­te bei­spiels­wei­se immer noch mehr Haus­ar­beit über­neh­men als männ­li­che. Klas­si­sche Rol­len­bil­der sind wei­ter­hin nicht aus den Köp­fen ver­schwun­den und für 56 % der befrag­ten Füh­rungs­kräf­te ein Hin­der­nis für Frau­en in Füh­rungs­po­si­tio­nen, zeig­te der HR-Report 2016 – das war vor drei Jahren.

Vie­le Frau­en nei­gen aber auch dazu, sich auf­grund eines spä­te­ren Kin­der­wun­sches frü­her als nötig aus dem Beruf zurück­zu­zie­hen. Dies sind jedoch vor­aus­ei­len­de Annah­men, die hin­ter­fragt und offen ange­spro­chen wer­den müs­sen. Nur weil ich ein Kind habe, heißt das nicht, dass ich einen Job nicht machen kann; mög­li­cher­wei­se muss ich Lebens­be­rei­che auf­tei­len und mei­ne Arbeits­ge­schwin­dig­keit effi­zi­en­ter gestal­ten. Cha­os-Kom­pe­tenz und eine hohe Arbeits­ge­schwin­dig­keit sind übri­gens wich­ti­ge Skills, die das Kie­ler Insti­tut für Welt­wirt­schaft Müt­tern beschei­nigt und vom Arbeits­markt drin­gend aner­kannt wer­den sollten.

Inwieweit kann eine systematisierende Sprachpraxis dazu beitragen, das eigene Führungsverständnis zu wandeln und damit auch Frauen zu einer neuen Positionierung verhelfen?

Frau­en tre­ten im Ver­gleich zu ihren männ­li­chen Kol­le­gen in der Regel defen­si­ver auf. Daher haben wir vor zwei Jah­ren als Teil unse­rer Unter­neh­mens­be­ra­tung die Mar­ke Dr. fem. Fata­le ins Leben geru­fen. Dar­un­ter bie­ten wir Kun­din­nen und Kun­den Vor­trä­ge, Work­shops und indi­vi­du­el­les Sprach­trai­ning an. Spra­che ist das Werk­zeug, durch das Men­schen schon immer gro­ße Ver­än­de­run­gen erreicht haben, denn sie prägt das Den­ken und die mensch­li­che Wahr­neh­mung. Umge­kehrt spie­gelt sich Den­ken in der Spra­che wie­der. Ich gebe ein Bei­spiel: Dass in der Bera­tung gern mit den soge­nann­ten Mann­ta­gen kal­ku­liert wird, wirkt für Frau­en weni­ger anzie­hend und sie wer­den sprach­lich ausgeschlossen.

Durch ein­fa­che sprach­li­che Stra­te­gien kann jeder und jede jedoch ler­nen, posi­tiv über sich zu spre­chen, was vie­len Men­schen – gera­de Frau­en – schwer­fällt. Wie oft höre ich Sät­ze wie Kann ich das so über mich sagen?, Das wirkt doch arro­gant, eigen­lo­bend etc.. Wie vie­le gut aus­ge­bil­de­te Frau­en berich­ten nicht von ihren Prei­sen, Aus­zeich­nun­gen oder Deals, die sie ein­ge­wor­ben haben? Zu vie­le. Die­se Ein­stel­lung zeigt sich durch alle Bran­chen und betrifft auch jun­ge Gene­ra­tio­nen von Frau­en. Hier geht es dar­um, alt­her­ge­brach­te Denk­mus­ter zu über­win­den, näm­lich, dass Frau­en im Hin­ter­grund agie­ren und nicht prah­len soll­ten. Für Frau­en in oder auf dem Weg zu einer Füh­rungs­po­si­ti­on ist es aller­dings essen­ti­ell, den eige­nen Selbst- und Markt­wert zu ken­nen und über­zeu­gend für die­sen ein­zu­ste­hen. Die Wich­tig­keit von kom­mu­ni­ka­ti­ver Visi­bi­li­tät on- und off­line unter­schät­zen gera­de Wis­sen­schaft­le­rin­nen. Daher bie­tet unse­re Mar­ke Dr. fem. Fata­le auch struk­tu­rier­te Kar­rie­re­pro­gram­me für Frau­en an Hoch­schu­len an. Selbst­be­wusst­sein, die För­de­rung durch posi­ti­ve Vor­bil­der sowie die Prä­senz eines star­ken, pro­fes­sio­nel­len Netz­werks for­men die Sicht einer Frau auf Lea­der­ship. Es gilt, von Beginn an grö­ßer zu den­ken. Dies beginnt übri­gens ganz basal bei der Nut­zung des Pro­no­mens ‚ich’ in Kom­bi­na­ti­on mit dem Verb ‚wol­len’ oder ‚möch­ten’. Anstatt der Phra­se man könn­te ja mal steht ich will X.

Was sind denn die häufigsten Geschlechterfallen in der Sprache der Führung?

Gene­rell lässt sich sagen, dass sich sowohl beim Kom­mu­ni­ka­ti­ons- als auch beim Füh­rungs­stil zwi­schen Frau­en und Män­nern Unter­schie­de fest­stel­len las­sen. Die­se Anders­ar­tig­keit bezieht sich jedoch in kei­nem Fall auf einen Qua­li­täts­un­ter­schied von Frau­en und Män­nern in der Füh­rung. Es gibt eini­ge belast­ba­re Fin­dings, die davon aus­ge­hen, dass weib­li­che Füh­rungs­kräf­te gegen den stei­gen­den Koor­di­na­ti­ons­be­darf bei gro­ßen und viel­fäl­ti­gen Teams sogar bes­ser gewapp­net sind als ihre männ­li­chen Mit­strei­ter, da sie eine par­ti­zi­pa­ti­ve­re Kom­mu­ni­ka­ti­on und stär­ke­ren Team­zu­sam­men­halt pfle­gen. Gute Füh­rung braucht kein Ego – die­se Sicht­wei­se fällt Frau­en schein­bar leichter.

Ich sehe das grö­ße­re Pro­blem für Frau­en auf dem Weg zu einer Füh­rungs­po­si­ti­on. Bestimm­te Adjek­ti­ve in Stel­len­an­zei­gen, wie ana­ly­tisch oder ehr­gei­zig, zie­hen eher Män­ner an und sor­gen dafür, dass sich gut geeig­ne­te weib­li­che Per­so­nen nicht bewer­ben, was unse­re Stu­die mit über 32.000 Stel­len­an­zei­gen gezeigt hat. Bezeich­nend war, dass die Stel­len­an­zei­gen, die Füh­rungs­po­si­tio­nen bewar­ben, eben genau die­se tra­di­tio­nell männ­lich kon­no­tier­ten Wör­ter ent­hiel­ten. Die Eye­track­ing-Stu­die von Job­wa­re hat 2016 eben­so gezeigt, dass Frau­en Stel­len­ti­teln aus­wei­chen, die beson­ders ‚männ­lich’ oder anti­quiert wirk­ten (etwa „Seni­or-Mana­ger“). Dar­an muss das Sys­tem arbei­ten – wer hoch­qua­li­fi­zier­te Frau­en nicht aus­schlie­ßen will, soll­te sorg­fäl­ti­ger for­mu­lie­ren. Und: Frau­en soll­ten mehr Bewer­bun­gen schrei­ben und nicht immer so zöger­lich sein, wie wir es in vie­len Fäl­le sehen.

Noch ein außer­sprach­li­cher Tipp: Allen mei­nen Kun­din­nen und Men­tees rate ich, min­des­tens 26 % mehr bei einer Gehalts­ver­hand­lung zu for­dern. Auch unter Ein­be­zug aller Struk­tur­un­ter­schie­de bleibt noch ein rea­ler Lohn­un­ter­schied zwi­schen Frau­en und Män­nern – auch im öffent­li­chen Dienst, dort sind es etwa 6 %, da Frau­en sich schlech­ter ein­grup­pie­ren las­sen oder kei­ne Zula­gen für höher­wer­ti­ge Arbeit oder nicht-finan­zi­el­le Ver­gü­tungs­for­men verlangen.

Haben Sie konkrete sprachliche Tipps?

Sprach­lich gese­hen, reicht es nicht, nur ein Gen­der­stern­chen ein­zu­füh­ren, bei dem wir ja bis­lang vie­ler­orts noch nicht ein­mal ange­kom­men sind. Bevor wir spre­chen, müs­sen wir zual­ler­erst unse­re Ste­reo­ty­pe kri­tisch hin­ter­fra­gen. Ste­reo­ty­pe sind ein Bün­del vor­aus­ei­len­der Annah­men, die sich auf Fähig­kei­ten und Kom­pe­ten­zen bezie­hen, die im All­tag unver­meid­bar und harm­los erschei­nen, jedoch im beruf­li­chen Kon­text Pro­ble­me ver­ur­sa­chen. Der soge­nann­te Män­ner­for­scher Micha­el Kim­mel hat das 2015 in sei­nem Buch „Angry White Men“ sehr beein­dru­ckend her­aus­ge­stellt. Unter dem soge­nann­ten Cow­boy-Nar­ra­tiv lei­den bei­de Geschlech­ter und vor allem die jün­ge­ren Män­ner. Sie wol­len kei­ne auto­ri­tä­ren dys­funk­tio­na­len Macher à la Trump sein, son­dern empha­ti­sche Kol­le­gen und Fami­li­en­vä­ter. Daher könn­ten wir auf­hö­ren, Flos­keln zu ver­wen­den, die sol­che Ste­reo­ty­pe auf­recht­erhal­ten: Das sind zum Bei­spiel Wör­ter wie Man­nes­kraft, sei­nen Mann ste­hen, Herr der Lage wer­den, Man­power, Mann­ta­ge oder Abwer­tun­gen wie Weich­ei, Gefühls­hei­ni, (Alpha-)Softi, Frau­en­ver­ste­her. Bei Frau­en geht es in die Rich­tung der For­meln, die anzei­gen, dass Frau­en natür­li­cher­wei­se nicht arbei­ten, z.B. Kar­rie­re­frau oder Raben­mut­ter. Selbst die Nega­ti­on Ich will kei­ne Raben­mut­ter sein hält das Ste­reo­typ auf­recht, denn das Gehirn kann Ver­nei­nun­gen wie kei­ne nicht ver­ar­bei­ten. Ste­reo­ty­pe fin­den wir auch in Recht­fer­ti­gungs­stra­te­gien (Frau­en mögen kei­ne Tech­nik, Frau­en sind zickig, Män­ner sind emo­ti­ons­los, Män­ner sind trieb­ge­steu­ert etc.). und sor­gen dafür, dass Frau­en bei­spiels­wei­se wei­ter­hin glau­ben, IT wäre zu kom­pli­ziert für sie.

Per­sön­lich rate ich allen Frau­en dazu, stär­ker ihre eige­ne Leis­tung zu beto­nen und nicht alles auf das ‚Team‘ oder einen ‚Glücks­fall‘ abzu­wäl­zen. Sät­ze wie Ich habe Glück gehabt oder Mein Chef hat sich für mich ein­ge­setzt sind gän­gi­ge Down­gra­ding-Stra­te­gien, die das eige­ne Tun klein­ma­chen. Gute Füh­rung ist kein Glücks­fall und erfor­dert viel Dis­zi­plin und Emo­ti­ons­ma­nage­ment. In der Regel haben die Kol­le­gin­nen viel geleis­tet, um an die­sen Job zu kommen.

Des Wei­te­ren hilft auch eine Sprach­auf­nah­me per Han­dy, um sich auf kom­pe­tenz­min­dern­de Kom­mu­ni­ka­ti­on zu tes­ten: Soge­nann­te Hecken­aus­drü­cke wie ich wür­de, ich den­ke, viel­leicht, eigent­lich schwä­chen die Power einer Aus­sa­ge erheb­lich ab. Ich mache die Prä­sen­ta­ti­on hört sich anders an wie Ich könn­te die Prä­sen­ta­ti­on machen – näm­lich selbst­be­wuss­ter. In die­sem Zusam­men­hang wer­den auch gern die Phä­no­me­ne des Man­ter­rupt­ing, des Unter­bre­chens, und des Mans­pla­ning, des Welt-Erklä­rens, ange­führt. Gera­de für Ers­te­res gibt es empi­ri­sche Bewei­se, dass Män­ner Frau­en häu­fi­ger in pro­fes­sio­nel­len Kon­tex­ten wie Mee­tings unter­bre­chen. Wer unter­bricht, soll­te sich auch zurück unter­bre­chen las­sen oder den Ball frei­wil­lig zurück­ge­ben. Daher trai­nie­ren wir bei Dr. fem. Fata­le auch das sozia­le adäqua­te Unter­bre­chen. Im pri­va­ten Kon­text machen wir das x‑mal pro Tag. Gesprä­che sind wie ein Ping-Pong-Spiel und je flüs­si­ger der Ball­aus­tausch geht, des­to bes­ser wer­den sie. Minu­ten­la­ge Mono­lo­ge im Mee­ting haben noch nie­man­dem geholfen.

Haben wir es auch in der Zukunft mit einem „Männer-kommen-vom-Mars-und-Frauen-von-der-Venus-Phänomen“ in der Führung zu tun?

Unab­hän­gig davon, dass das wis­sen­schaft­lich gese­hen so noch nie galt, gibt es der­zeit eini­ge Strö­mun­gen, die Arbeit 4.0 oder Digi­ta­li­sie­rung als ‚weib­lich’ beti­teln. Arbeit 4.0. ist eine kol­lek­ti­ve Such­be­we­gung. Neue Tech­no­lo­gien bie­ten die Mög­lich­keit, Geschlech­ter­ver­hält­nis­se, Rol­len­zu­schrei­bun­gen und Arbeits­tei­lung neu zu ver­han­deln. Durch die Digi­ta­li­sie­rung wer­den sozia­le und kom­mu­ni­ka­ti­ve Kom­pe­ten­zen auf­ge­wer­tet, empa­thi­sche und intui­ti­ve Spra­che mehr wert­ge­schätzt, das zei­gen u.a. User-Anfra­gen bei Goog­le. Weib­li­che Lea­der haben das Poten­zi­al, die­se Trends bes­ser zu inte­grie­ren, indem sie koope­ra­ti­ves Ler­nen und eine par­ti­zi­pa­ti­ve­re Kom­mu­ni­ka­ti­on för­dern. Gute Füh­rung kennt kein Ego – das gilt auch bei uns im Unter­neh­men. Wir spre­chen offen über kri­ti­sche The­men und ich for­de­re regel­mä­ßig Feed­back ein. Alle Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter, selbst unse­re Prak­ti­kan­tin­nen und Prak­ti­kan­ten, sind von Beginn an voll­wer­ti­ge Tei­le unse­res Bera­tungs­sys­tems und über­neh­men eige­ne Pro­jek­te. Unnö­ti­ge hier­ar­chi­sche Wege gibt es nicht. Alle im Team wer­den zudem mone­tär an Erfol­gen betei­ligt. Ein Pro­zent unse­res Jah­res­um­sat­zes spen­den wir an Insti­tu­tio­nen, die jun­ge Frau­en fördern.

Der Dis­kurs über „New Work“ und „agi­le Arbeit“ ver­spricht aber eini­ges: Der Chef­ty­pus des männ­li­chen „Alpha-Tiers“ wan­delt sich zum koope­ra­ti­ven Arbei­ter. Füh­rung braucht Füh­len, was auch als emo­tio­na­le Agi­li­tät bezeich­net wird. Jonas Kortz macht den Irr­tum klar, dass Füh­ren und Füh­len nichts mit­ein­an­der zu tun haben, was wir in der Spra­che vor allem bei Män­nern ken­nen (Weich­ei, India­ner kennt kei­nen Schmerz, star­ker Mann, Gefühls­hei­ni/-dusel). Es ist m.E. ein gro­ßer Feh­ler, dass sich die west­li­che Gesell­schaft so von ihrem Füh­len abge­kap­selt hat und die Ratio fei­ert (Dan­ke Auf­klä­rung!). Eine essen­ti­el­le Füh­rungs­kom­pe­tenz ist der Umgang mit und die Beweg­lich­keit von Gefüh­len. Auto­ri­tät lei­tet sich nicht mehr vom Sta­tus ab, son­dern aus einer emo­tio­na­len Auto­ri­tät. Wer geübt ist im Füh­ren und Kom­mu­ni­zie­ren der eige­nen Gefüh­le, hat mehr Zeit für ein frei­es und krea­ti­ves Denken.

Reden allein reicht jedoch nicht: Wir brau­chen v.a. in den Medi­en mehr weib­li­che Füh­rungs­kräf­te, Unter­neh­me­rin­nen und weib­li­che High Poten­ti­als. Das muss Nor­mal­fall und kein Spe­zi­al­fall sein. Wir brau­chen neue (Vor-)Bilder, die unse­re Vor­stel­lung von Männ­lich­keit und Weib­lich­keit ändern – medi­al bekann­te Bei­spie­le sind hier The­re­sa May, Chris­ti­ne Lag­ar­de, Alex­an­dria Oca­sio-Cor­tez oder Gre­ta Thun­berg. Und es braucht dafür männ­li­che Mit­strei­ter, die sich vom auto­ri­tä­ren dys­funk­tio­na­len Trum­pis­mus abset­zen und somit das Ver­ständ­nis von männ­li­cher Füh­rung ver­schie­ben, z.B. Barack Oba­ma, Jus­tin Tru­deau oder Ema­nu­el Macron. Ich bin hier­bei aller­dings opti­mis­tisch und glau­be an den sozia­len Wan­del durch die Digitalisierung.